INSIGHTS | Februar 2021
Anzeichen spekulativer Tendenzen in bestimmten Segmenten des Aktienmarkts
Wohldurchdachte Asset Allokation entscheidend, um aktuelles Marktumfeld zu navigieren
Autor
Benedikt Schöps, CFA
Summary
Der Aufschwung an den Aktienmärkten dauert nun bereits seit März 2009 an. Während sich vor der Covid-19 Krise die Aktienmärkte auf erhöhten Bewertungsniveaus befanden, gab es nur vereinzelt spekulative Übertreibungen. Seit der massiven Intervention der Zentralbanken zur Bewältigung der Covid-19 Krise seit März 2020 hat sich das Bild an den Kapitalmärkten deutlich geändert. Rasante Aktienkursanstiege, spekulatives Investorenverhalten, äußerst hohe Bewertungen unprofitabler Unternehmen sowie ein hohes Niveau an Emissionsaktivität deuten auf Übertreibungen in bestimmten Marktsektoren hin. Eine wohldurchdachte Asset Allokation ist entscheidend, um das aktuelle Marktumfeld erfolgreich zu navigieren.
Bereiche des Aktienmarktes weisen aktuell typische Merkmale einer Spekulationsblase auf. In bestimmten Marktsektoren wie zum Beispiel alternativen Antriebstechnologien sind in kürzester Zeit erhebliche Kurssteigerungen zu beobachten gewesen. So hatte sich der Aktienkurs des Batterieherstellers Quantumscape seit Übernahme durch ein SPAC (Special Purpose Acquisition Company) von August bis Dezember 2020 verdreizehnfacht. Ähnlich rasante Kurssprünge waren zu beobachten bei den Wasserstoffunternehmen Plug Power oder Ballard Power, die sich in den letzten 2-Jahren um die Faktoren 30x und 9x vervielfacht haben, ohne auf der Umsatzseite nennenswerte Fortschritte erzielt zu haben. Interessant sind auch die Kurssprünge von Nikola und Lordstown Motors, die ohne einen belastbaren Prototypen vorzustellen enorme Kurszuwächse gesehen haben. Aber auch in anderen Sektoren – ob bei SaaS Unternehmen, Lieferdiensten, Cannabisunternehmen – lassen sich enorme Kursanstiege und sehr hohe Bewertungen feststellen.
Ein weiteres typisches Anzeichen für eine Spekulationsblase ist das hohe Level an Emissionsaktivität. Im Jahr 2020 gab es in den USA trotz Covid-Krise insgesamt 480 IPOs verglichen mit dem bisherigen Rekord von 406 Börsengängen im Jahr 2000. Besonders auffällig ist auch die starke Kurssteigerung der Börsengänge nach Handelsaufnahme. Die Aktien von Airbnb und DoorDash haben sich seit Börsengang mehr als verdoppelt, die Aktie von Palantir hat sich seit Listing etwa vervierfacht.
Ebenfalls hervorzuheben ist das hohe Engagement von Retail-Investoren am Aktienmarkt, das beispielsweise zu einem rasanten Anstieg der GameStop Aktie geführt hat. Der Kurs der GameStop Aktie hatte sich im Januar 2021 zwischenzeitlich verzwanzigfacht. Durch locker, über online Foren koordinierte Käufe von Retail Investoren konnte bei Hedge-Fonds, die die Aktie leerverkauft hatten, ein massiver „Short-Squeeze“ ausgelöst werden. Auch wenn der Short-Squeeze der Retail Investoren eine riskante - aber gut durchdachte - Spekulation war, ist die fast feindselige Einstellung gegenüber kritischen Investoren – in dem Falle Leerverkäufern – ein weiteres typisches Anzeichen einer Spekulationsblase. Es ist schwierig vorauszusagen, wie lange die teilweise extremen Übertreibungen in bestimmten Segmenten des Kapitalmarkts andauern werden, solange die EZB als auch die FED die Leitzinsen nahe 0% halten und über Aufkäufe von Anleihen die Märkte in großem Umfang mit Liquidität versorgen. Bei der Strukturierung von Portfolios sollte allerdings ein Augenmerk daraufgelegt werden, dass man sich nicht unnötigen Risiken aussetzt, die sich aus spekulativen Übertreibungen ergeben.
Growth vs. Value
Aktuell ergibt sich am Aktienmarkt eine ungewöhnlich stark ausgeprägte Diskrepanz bei der Bewertung unterschiedlicher Sektoren, Märkte und Unternehmen. Wenn man mit der stark vereinfachten Kategorisierung in „Growth“ und „Value“ Aktien arbeitet, fällt die deutliche Outperformance von Wachstumsaktien während der letzten Jahre auf. Ein Teil dieser Outperformance ist sicherlich zu rechtfertigen aufgrund der sehr guten Wachstumsraten im Technologiesektor, während klassische Value-Sektoren wie z.B. Automobilhersteller, Ölproduzenten oder Banken mit strukturellem Gegenwind zu kämpfen hatten, was sich in einer unterdurchschnittlichen Kursentwicklung widerspiegelt.
Bei Betrachtung der Kurs-Gewinnverhältnisse von Growth- vs. Value-Aktien fällt eine ähnliche Tendenz auf. Während historisch Wachstumsaktien durchschnittlich eine Bewertungsprämie zwischen 5x – 10x P/E Multiple-Punkten im Vergleich zu Value-Aktien aufgewiesen haben, ist diese Bewertungsprämie nun auf mehr als 20x P/E Multiple-Punkte angestiegen. Die Bewertungsprämie von Growth- relativ zu Value-Aktien befindet sich nahe historischen Höchststanden.
Eine Betrachtung des relativen Gewinnwachstums von Growth- vs. Value-Werten zeigt deutlich auf, dass die massive Outperformance von Wachstumsaktien nur zu einem Teil durch überdurchschnittliches Gewinnwachstum erklärt werden kann. Ein großer Teil der Kursteigerung während der letzten Jahre ist auf eine deutliche Ausweitung der Bewertungsmultiplikatoren von Wachstumsunternehmen zurückzuführen.
Handlungsimplikationen für Investoren
Die Konsequenz aus der oben dargestellten Analyse sollte nun keinesfalls sein, klassische Value-Sektoren wie den Öl- oder Automobilsektor deutlich stärker als Technologieaktien zu gewichten. Dennoch lassen sich aktuell sehr hohe Bewertungsunterschiede feststellen, die bei der Auswahl von Investments berücksichtigt werden sollten:
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