INSIGHTS | April 2021
Nachholpotenzial bei langfristigen Zinsen in Deutschland und der Eurozone
Portfolios sollten auf potenziell höhere Renditen bei Staatsanleihen vorbereitet sein
Autor
Benedikt Schöps, CFA
Summary
In den letzten Monaten sind die Renditen langfristiger Staatsanleihen in den USA wesentlich deutlicher gestiegen als in Deutschland bzw. Europa. Während steigende Inflationserwartungen in den USA mittelfristig zu einem weiteren Anstieg der Renditen führen könnten, könnte dieser Effekt in Deutschland bzw. Europa noch wesentlich ausgeprägter stattfinden, da sowohl Renditeniveaus als auch Inflationserwartungen deutlich niedriger sind. Anleger sollten verschiedene Handlungsoptionen in Erwägung ziehen, um ihre Portfolios auf potenziell höhere Zins- sowie Inflationsniveaus vorzubereiten.
Massive Intervention von Zentralbanken sowie das Ausbleiben erhöhter Inflation haben die Zinsniveaus in entwickelten Ländern auf immer tiefere Niveaus sinken lassen. Rekordtiefststände bei den langfristigen Zinsen wurden in den meisten entwickelten Ländern während der Covid-19 Pandemie erreicht. Seitdem hat sich eine moderate Gegenbewegung mit steigenden Zinsniveaus herausgebildet, jedoch mit deutlichen regionalen Unterschieden.
So sind Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen seit April 2020 von 0,7% auf 1,7% gestiegen, während die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen nahezu unverändert bei -0,2% liegt. Ähnlich deutliche regionale Unterschiede lassen sich bei 30-jährigen Anleihen beobachten. Während in den letzten 12 Monaten die Renditen 30-jähriger Staatsanleihen in den USA von 1,3% auf 2,3% gestiegen sind, sind in Deutschland die Renditen lediglich von 0,0% auf 0,2% gestiegen.
Ein zügigerer Fortschritt bei der Impfkampagne sowie eine aggressivere Fiskalpolitik können einen Teil der Entwicklung erklären, was sich wiederum in unterschiedlichen Inflationserwartungen widerspiegelt. Während die erwartete Inflation in den USA in den nächsten 10-Jahren bei durchschnittlich 2,3% liegt, ist der Wert für Deutschland – sowie die Eurozone – bei c. 1,4%. Somit liegen die realen – d.h. inflationsadjustierten – erwarteten Renditen für die Käufer von US-Staatsanleihen bei c. -0,6% pro Jahr, während der Wert für Deutschland deutlich niedriger bei -1,7% liegt. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei den erwarteten 30-jährigen inflationsbereinigten Renditen. Während die erwarteten realen Renditen für 30-jährige US-Staatsanleihen bei 0,1% liegen, liegt die erwartete reale Rendite für 30-jährige Bundesanleihen bei etwa -1,4% pro Jahr1.
Mittelfristige Perspektive für die Entwicklung langfristiger Zinserwartungen
Die Zentralbanken in den USA als auch in der Eurozone haben deutlich kommuniziert, dass sie die Zinsen auf absehbare Zeit auf einem niedrigen Niveau halten werden und bereit sind temporär Inflationsniveaus oberhalb von 2% zu akzeptieren. Dennoch stellt sich die Frage, ob die massiven Liquiditätsinjektionen der Zentralbanken, ambitionierte staatliche Ausgabenprogramme sowie deutlich erhöhte Ersparnisse bei den Privathaushalten möglicherweise zu einem Überhitzen der Wirtschaft und damit einhergehend zu deutlich höherer Inflation führen werden. Dies würde höchstwahrscheinlich die Zentralbanken veranlassen zu einer Politik höherer Zinsen umzuschwenken, um ein Ausufern der Inflation zu vermeiden. Daher mehren sich die Stimmen, die von weiterhin steigenden Zinsen ausgehen:
“While equity valuations are quite high […] a multi-year booming economy could justify their current price […] Conversely, in this boom scenario it’s hard to justify the price of U.S. debt. This is because of two factors: first, the huge supply of debt that needs to be absorbed; and second, the not-unreasonable possibility that an increase in inflation will not be just temporary.”
Jamie Dimon, CEO J.P. Morgan, Annual Letter, April 2021
“Bonds are not the place to be these days. Can you believe that the income recently available from a 10-year U.S. Treasury bond – the yield was 0.93% at yearend 2020 – had fallen 94% from the 15.8% yield available in September 1981? […] Fixed-income investors worldwide – whether pension funds, insurance companies or retirees – face a bleak future.”
Warren Buffet, CEO Berkshire Hathaway, Annual Report, March 2021
Interessanterweise sind diese – und viele ähnliche Kommentare von Spitzenmanagern und führenden Investoren – in den USA stärker ausgeprägt als in Europa, obwohl das Zinsniveau in den USA bereits deutlich höher als in der Eurozone liegt. Auch wenn die amerikanische Wirtschaft wahrscheinlich in den kommenden Jahren strukturell stärker wachsen wird und die fiskalpolitischen Impulse ambitionierter sind, ist dennoch der Unterschied bei den Renditen langfristiger Staatsanleihen sehr hoch und nahe des Allzeittiefpunkts.
Aktuell ist ein deutlich zügigerer Impffortschritt in den USA zu verzeichnen verglichen mit den meisten europäischen Ländern. Die spiegelt sich über höhere Wachstums- und Inflationserwartungen in den Renditen langfristiger Staatsanleihen Renditen wider. Dennoch sollte sich dieser zeitliche Unterschied beim Impffortschritt von c. 2 – 3 Monaten nur eine geringe Auswirkung auf die Renditeunterschiede bei 30-jährigen Staatsanleihen haben, insbesondere vor dem Hintergrund deutlich steigender Impfraten in den meisten europäischen Ländern wie z.B. Deutschland.
Handlungsimplikationen für Investoren
In dem aktuell erwarteten Szenario mit einer deutlichen Erholung der entwickelten Volkswirtschaften ab dem zweiten Halbjahr 2021, sind höhere Inflationsraten und somit Zinsen ein wahrscheinliches Szenario. Insbesondere in der Eurozone mit aktuellen Renditeniveaus bei 10-jährigen Staatsanleihen von -0.2% in Deutschland, -0.0% in Frankreich, +0,3% in Spanien und +0,7% in Italien ergibt sich deutliches Nachholpotenzial im Vergleich zu den USA einer Rendite von 1,7%. Investoren sollten folgende Aspekte bei der Portfoliostrukturierung in Betracht ziehen:
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